Mein Amerika: Erinnerungen an eine ganz normale Kindheit (German Edition) by Bryson Bill

Mein Amerika: Erinnerungen an eine ganz normale Kindheit (German Edition) by Bryson Bill

Autor:Bryson, Bill [Bryson, Bill]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Autobiografie, Reise, Sachbuch/Satire
Herausgeber: Random House DE
veröffentlicht: 2012-05-30T23:00:00+00:00


Ich war kein Schüler, der bei den Lehrern beliebt war. Nur Mrs. De Voto mochte mich, doch sie mochte alle Kinder, hauptsächlich, weil sie nicht wusste, wer überhaupt wer war. Sie schrieb »Billy singt mit Begeisterung« auf alle meine Zeugnisse, nur ein-, zweimal »Bobby singt mit Begeisterung«. Aber das verzieh ich ihr, denn sie war gütig und wohlwollend und roch gut.

Die anderen Lehrer – alles Frauen, alle unverheiratet – waren groß, massig, misstrauisch, frustriert, autoritär und nicht gütig. Sie rochen auch merkwürdig – nach einer Mischung aus Kampher, Mentholpfefferminzbonbons und der kuriosen Auffassung (die sehr wohl zu ihrem Unverheiratetsein beigetragen haben mochte), dass sich großzügig Einpudern so gut wie ein Bad sei. Manche bepuderten sich seit Jahren, doch glauben Sie mir, es hatte keinen Zweck.

Mit konstanter Bosheit wollten sie immer komische Sachen von einem wissen, was ich verwirrend fand. Wenn man fragte, ob man zur Toilette könne, wollten sie wissen, ob man klein oder groß müsse, und diese Neugierde kam mir irgendwie krankhaft vor. Außerdem benutzten wir bei uns zu Hause diese Begriffe nicht. Bei uns zu Hause ging man entweder pieseln oder hatte Stuhlgang, ›Es-Te‹, doch meist ging man einfach »zur Toilette« und verkündete seine Absichten nicht öffentlich. Als ich also das erste Mal um die Erlaubnis bat zu gehen, hatte ich keinen blassen Schimmer, was die Lehrerin meinte, als sie mich fragte, ob ich klein oder groß müsse.

»Ich weiß nicht«, erwiderte ich freimütig und mit klarer Stimme, »wahrscheinlich richtigen Es-Te. Es könnte noch größer als groß sein.«

Für diese Antwort wurde ich in die Garderobe geschickt. Ich wurde oft in die Garderobe geschickt, häufig aus Gründen, die ich nicht recht verstand, aber es störte mich eigentlich nie. Schließlich war es eine merkwürdige Bestrafung, dass man wohin geschickt wurde, wo man mit den Pausenbroten und dem persönlichen Eigentum aller seiner Klassenkameraden allein war und niemand sah, was man damit anstellte. Man konnte die Zeit auch wunderbar nutzen, um sich seiner Privatlektüre zu widmen.

Intellektuell tat ich mich nicht sonderlich hervor. Auf meinem ersten Zeugnis für das erste Halbjahr der ersten Klasse stand eine einzige Bemerkung der Lehrerin. »Billy spricht leise.« Das war’s. Nichts über meinen Charakter oder mein Verhalten, meine wunderbaren Fortschritte beim Lesen und Schreiben, mein gewinnendes Lächeln oder meine stets zuversichtliche Haltung (»Das packen wir schon.«), nur ein knappes, rätselhaftes »Billy spricht leise.«. Es war nicht einmal deutlich, ob es sich um eine Rüge oder lediglich eine Bemerkung handelte. Nach dem zweiten Halbjahr stand in dem Zeugnis: »Billy redet immer noch leise.« In meinen sämtlichen anderen Zeugnissen war die Spalte für die allgemeine Beurteilung leer – wirklich jedes Mal, außer wenn Mrs. De Voto getreulich Bericht über mein begeistertes Liederschmettern erstattete. Es war, als sei ich gar nicht da. Was auch oft der Fall war.

Die Vorschule, in der ich schon mit Greenwood Bekanntschaft gemacht hatte, dauerte nur einen halben Tag lang. Man ging entweder morgens oder nachmittags hin. Ich wurde in die Nachmittagsgruppe gesteckt, was Glück war, denn damals stand ich selten vor Mittag auf. (Bei uns zu Hause waren wir alle Nachteulen.



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